Richard Tufnell war einer der Wegbereiter für die Wiedergeburt des Trockenmauerwerks in der modernen Zeit.
Die Anfänge
Als Richard Tufnell in den späten 1970ern in Großbritannien das Trockenmauern erlernte, war das traditionelle Handwerk fast verschwunden. Die wenigen, die noch praktizierten, waren entweder relativ ungeübt oder alte Meister kurz vor dem Ruhestand.
Tufnell, ein ehemaliger Londoner, lernte das Trockenmauern von einem Handwerker, der ihn bei der Reparatur seines Hauses unterstützte. Im Laufe der Zeit machte sich Tufnell selbstständig und wurde 1982 der erste qualifizierte British Master Craftsman. Bei Trockenmauerwettbewerben lernte er von erfahrenen Meistern und verbesserte sein Handwerk.
Gründung der Dry Stone Walling Association
Später trat Tufnell der neu gegründeten Dry Stone Walling Association bei und schrieb Artikel für das Magazin. Seine Artikel erregten die Aufmerksamkeit der Archäologieabteilung der Universität Newcastle. Sie bat ihn um Unterstützung dabei, die Kosten für den Bau einer eisenzeitlichen Wallburg in Jugoslawien zu schätzen.
Tufnells Erfolg führte zu weiteren Aufträgen für verschiedene Organisationen. Er erhielt die Möglichkeit, drei Sendungen für den World Service aufzuzeichnen, in denen es um Trockenmauern und ihre Geschichten und Möglichkeiten ging.
Bauen im Himalaja
Im indischen Himalaja gab er Ausbildungskurse im Bauen von Trockenmauern, um lokale Bauschulen vor wandernden Ziegen zu schützen.In dieser Zeit lernte Tufnell, dass Trockenmauern genauso haltbar sind wie massive Betonmauern und das zu nur einem Zehntel der Kosten.
Einen großen Einfluss hatte Professor Arya von der Roorkee University, der Tufnell die Techniken für den korrekten Bau von hoch beanspruchten Strukturen beibrachte.
Arbeitsplätze und eine stabile Mauer
Das Projekt im Himalaja war ein voller Erfolg: Achtzehn zuvor arbeitslose Dorfbewohner erhielten durch die Kurse Arbeit bei der indischen Forstbehörde. Außerdem finanzierte die BBC einen Dokumentarfilm über die sozialen Problem von Frauen, basierend auf Tufnells Tätigkeit. Im Zuge des Films entstand das erste Trainingsvideo über Trockenmauern, das weltweit auf Anklang stieß. Wenige Monate später überlebte die errichtete Mauer ein schweres Erdbeben und bewies sich in den Augen der Dorfbewohner.
Trockenmauern in Afrika
Tufnell sah großes Potenzial für den Einsatz von Trockenmauern in ärmeren Regionen, da diese Bauweise auch ohne große finanzielle Mittel möglich ist. Seine Arbeit führte ihn nach Swasiland, Südafrika, Mosambik und Uganda. Während dieser Zeit entstanden unter anderem eine Tagesschule aus Stein und eine Brücke in einem Hochwassergebiet.
Das Brückenprojekt kostete nur einen Bruchteil der Summe eines herkömmlichen Systems und hielt trotzdem die schweren Regenfälle während des Hochwassers aus. Dieser Erfolg führte dazu, dass weitere Brücken auf diese Weise gebaut wurden. Das Projekt erhielt von der British Oversas Development Agency den größten bis dahin jemals gewährten Zuschuss für ein einzelnes Projekt in Afrika. Die Brücke schuf eine ganzjährige Busverbindung und viele Arbeitsplätze.
Auszeichnung
Tufnell setzte seine Forschung fort und besuchte Trockenmauern in Schottland, Irland, der Türkei und Griechenland. Sein erster akademischer Erfolg kam in den späten 1980er-Jahren, als seine Firma für ihren Umwelteinsatz von der BBC und der Zeitschrift Country Living ausgezeichnet wurde. 1993 folgte eine Honorable Mention bei den Rolex Awards, einem Natur- und Umwelt-Wettbewerb.
Das Trockenmauerbuch
Durch die Nomination erhielt Tufnell weitere akademische und mediale Aufmerksamkeit, so wie die von Marianne Hassenstein, der damaligen Geschäftsführerin der Stiftung Umwelteinsatz Schweiz. Hassenstein hatte das Ziel, das Vermörteln von Stützmauern in der Schweiz zu stoppen und die reine Trockenmauertechnik zu fördern.
Zusammen führten sie Trockenmauerkurse in den Schweizer Bergen und Schottland durch. Im Rahmen der Zusammenarbeit entstand auch das Buch Trockenmauern-Grundlagen, Bauanleitung und Bedeutung, das als Bibel des Trockenbaus gesehen wird. Auch Tufnells Werk Trockenmauern: Anleitung für den Bau und die Reparatur wurde ein zeitloser Klassiker.
Projekte in Kentucky
1995 trainierte Tufnell Trockenmauer-Steinmetze für das Kentucky Transportation Cabinet. Trockenmauern spielten eine essenzielle Rolle bei der Erschließung Amerikas. Sie wurden in der Landwirtschaft, beim Bau von Gebäuden, in der Industrie und im Verkehr eingesetzt. Das Interesse an Tufnells Handwerkskursen führte zu einer TV-Dokumentation und einer Reihe von Vorträgen.
Für den Wiederaufbau einer uralten Stützmauer in Louisville Kentucky erhielt Tufnell eine Ehrenauszeichnung der Stadt Lexington. Im Februar 1996 gründete er mit einem amerikanischen Kollegen die Organisation Dry Stone Conservancy.
Weiterhin arbeitete Tufnell in den USA mit verschiedenen National Parks zusammen, um umfangreiche Sanierungsprojekte durchzuführen.
Tufnell nahm eine Position als Vizepräsident der Drystone Walling Association of Great Britain an und engagierte sich im Ausschuss der europäischen Trockenmauerorganisation S.P.S. Obwohl Tufnell inzwischen im Ruhestand ist, lebt sein Werk weiterhin fort. Durch seine Arbeit konnte er künftige Generationen für das Handwerk des Trockenmauerns begeistern und hunderten Menschen lohnende Arbeitsplätze bescheren.
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Quellen
Schweiz Stiftung Umwelt-Einsatz. „Trockenmauern: Grundlagen, Bauanleitung,
Bedeutung. 2“. In: Aufl. Bern: Haupt Verlag