Trockenmauern als Rettungsanker für Reptilienarten
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Christoph Neumann
Veröffentlicht am 01.01.1900

Trockenmauern sind nicht nur historische Landschaftselemente, sondern auch essenzielle Lebensräume für streng geschützte Reptilienarten wie die Mauereidechse (Podarcis muralis) und die Schlingnatter (Coronella austriaca). In Trier und Rheinland-Pfalz stehen diese Arten aufgrund des Verlusts ihrer Habitate unter starkem Druck. Der Bericht von Norman Wagner, Ulrich Schulte und Joscha Beninde bietet wertvolle Einblicke in die Bedeutung dieser Strukturen und mögliche Schutzmaßnahmen.
Bedrohung durch Flurbereinigung
Im Zuge der Flurbereinigung und der Modernisierung der Weinbaupraktiken wurden viele Trockenmauern in den letzten Jahrzehnten zerstört oder durch Strukturen ersetzt, die weniger freundlich für Biodiversität sind. Dies hat zu einem erheblichen Rückgang der Lebensräume für die Mauereidechse und die Schlingnatter geführt. Die Mauereidechse, deren Verbreitungsgebiet in Deutschland stark mit den Weinanbaugebieten im Südwesten korreliert, ist nahezu vollständig auf anthropogen überformte Habitate angewiesen. Diese Weinbergsmauern bieten den Eidechsen ideale Bedingungen für Thermoregulation, Schutz vor Prädatoren und Nahrungsangebote durch die reiche Insektenfauna.
Ökologische Bedeutung der Trockenmauern
Trockenmauern bieten durch ihre Hohlräume Rückzugsorte und Überwinterungsplätze für Reptilien. Eine gut gepflegte Vegetation rund um die Mauern trägt zusätzlich zur Nahrungsvielfalt bei. Für die Mauereidechse und die Schlingnatter sind diese Mikrohabitate lebenswichtig. Die Schlingnatter, eine Art, die in Weinbauregionen Südwest-Deutschlands ebenfalls eng an Trockenmauern gebunden ist, profitiert besonders von den spaltenreichen Strukturen, die als Jagd- und Schutzgebiete dienen.
Schutzmaßnahmen und rechtliche Instrumente
Um den Fortbestand dieser wichtigen Lebensräume zu sichern, schlagen die Autor:innen mehrere Schutzinstrumente vor. Dazu gehört die Ausweisung alter Trockenmauern und ihrer Umgebung als „geschützte Landschaftsbestandteile“ im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes. Diese Maßnahme würde die Mauern vor Zerstörung schützen und gleichzeitig Pflegemaßnahmen wie das regelmäßige Freihalten von Vegetation ermöglichen. Zusätzlich könnte die Ausweisung als „Naturdenkmal“ durch die Untere Naturschutzbehörde erfolgen. Dies würde die Mauern unter einen Schutz stellen, der mit dem eines Naturschutzgebietes vergleichbar ist.
Alternativen und Ergänzungen
In einigen Fällen wurden Gabionen als Alternativen für Trockenmauern eingesetzt. Diese Drahtschotterkörbe sind zwar kostengünstiger und bieten einige strukturelle Vorteile, jedoch sind sie kein vollwertiger Ersatz für die natürlichen Mauern. Untersuchungen haben gezeigt, dass Gabionen nur bei spezieller Konstruktion und zusätzlichen Pflegemaßnahmen eine ähnliche ökologische Funktion erfüllen können. Eine dauerhafte Wiederbesiedlung durch Reptilien kann durch Maßnahmen wie das Einbringen von alten Trockenmauersteinen und das Zurückschneiden von Vegetation gefördert werden.
Zukunftsperspektiven
Die Autor:innen betonen die Notwendigkeit, bestehende Trockenmauersysteme langfristig zu erhalten, um überlebensfähige Populationen von Mauereidechse und Schlingnatter zu sichern. Dies erfordert nicht nur den Schutz der Mauern selbst, sondern auch eine integrative Landschaftsplanung, die naturschutzfachliche und ökonomische Aspekte gleichermaßen berücksichtigt. Subventionen für Winzer, die sich um den Erhalt und die Pflege dieser Kulturlandschaften bemühen, könnten einen entscheidenden Beitrag leisten. Darüber hinaus ist die Weitergabe des Wissens über die Bedeutung und Pflege von Trockenmauern an zukünftige Generationen von entscheidender Bedeutung.
Wenn du dich für den vollständigen Bericht der Autor:innen interessierst, kannst du ihn hier nachlesen.